Verbundprojekt "Biochemisch-katalytisch hergestellte Biotreibstoffe"

Die Luftfahrt wird auch in Zukunft Flüssigtreibstoffe mit hoher Energiedichte benötigen. Zur Gewinnung solcher Treibstoffe aus lignocellulosehaltiger Biomasse wurde eine Technologie mit aufeinanderfolgenden biochemischen und katalytischen Umwandlungsverfahren entwickelt. Zudem wurde die wirtschaftliche und ökologische Nachhaltigkeit dieser Technologie bewertet.

  • Projektbeschrieb (abgeschlossenes Forschungsprojekt)

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    Die Verwendung von fossilen Treibstoffen als Energiequelle ist aufgrund des abgegebenen CO2 aus ökologischen Gründen immer weniger vertretbar. Zwar existieren verschiedene alternative Energiequellen für die Strom- und Wärmeproduktion, nach wie vor sind jedoch kohlenstoffbasierte Flüssigtreibstoffe für wichtige Transportbereiche wie die Luftfahrt unabdingbar. Ebenfalls benötigt wird eine alternative Kohlenstoffquelle zur Produktion von kohlenstoffbasierten Chemikalien. Lignocellulosehaltige Biomasse hat Potenzial für beide Anforderungen. Allerdings ist es anspruchsvoll, Umwandlungswege zu Flugzeugtreibstoffen oder chemischen Grundstoffen zu finden.

  • Zielsetzung

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    Untersuchung der Kombination von biologischen und katalytischen Umwandlungsprozessen zur Erweiterung der Palette von Produkten aus Biomasse und Bewertung der Nachhaltigkeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Umwandlung von Lignocellulose in Carbonsäuren in einem ersten Bioprozess und anschliessende katalytische Aufwertung in Alpha-Olefine oder Flugzeugtreibstoffe.

  • Resultate

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    Zur Umwandlung aller Kohlenhydrat-Fraktionen von lignocellulosehaltiger Biomasse entwickelte das Projektteam eine Milchsäure-Plattform zur Herstellung von Carbonsäuren. Eine künstlich zusammengestellte mikrobielle Gemeinschaft verwertet die heterogenen Ausgangsstoffe zu Milchsäure als gemeinsame Zwischenstufe, die anschliessend in die angestrebten Säuren weiter umgewandelt wird. Die Machbarkeit dieses Konzepts wurde exemplarisch gezeigt durch die Produktion von 196,5 kg Buttersäure pro Tonne Buchenholz.

    Beim katalytischen Aufwertungsprozess wurde mit einem Cu/SiO2-Al2O3-Katalysator eine selektive Synthese von Olefinen von > 90 % bei einer Umwandlung von gegen 99 % der Carbonsäuren erreicht. Bei der vollen Umwandlung wurde eine plötzliche Änderung der Selektivität von Olefinen zu hauptsächlich Alkanen beobachtet. Die Carbonsäuren konnten mit Cu/ZrO2 als Katalysator in einem einzigen Schritt zu einem organischen Öl aus C8- bis C16-Verbindungen von Aromaten und Cykloalkenen umgewandelt werden. Dieses Öl lässt sich bezüglich spezifischer Energie und Destillationseigenschaften bis zu einem Anteil von 10 Vol.-% mit dem Treibstoff Jet A-1 mischen.

    Die Analyse zur Nachhaltigkeit zeigte, dass die potenziell verfügbare pflanzliche Biomasse in der Schweiz bis zu 500’000 Tonnen Trockensubstanz pro Jahr betragen könnte. Wenn Holz mitberücksichtigt wird, könnte diese Menge ein Mehrfaches erreichen. Das Ausgangsmaterial für eine mögliche Bioraffinerie in der Schweiz würde aus einer Mischung von Holzresten, Pflanzenmaterial aus extensivem Grasland, Ernterückständen aus der Landwirtschaft und Waldholz bestehen, das ohne Umweltbeeinträchtigung verwendet werden könnte, das heisst ohne die organische Substanz des Bodens zu reduzieren. Auf der Basis bestehender Labordaten (grundlegende Technologien, Ertrag, Rate) wurde der Mindestverkaufspreis von Flugzeugtreibstoff, der in einer Pilotanlage mit einer jährlichen Kapazität von 10’000 Tonnen verarbeiteter Biomasse aus Lignocellulose gewonnen wird, auf 3,60 CHF/Liter geschätzt. Das entspricht etwa dem doppelten aktuellen Kerosinpreis, aber den Preisprognosen für andere Ansätze der Treibstoffproduktion aus Biomasse.

  • Bedeutung

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    Bedeutung für die Forschung

    Alle drei Subprojekte haben einen wesentlichen Beitrag zur Forschung auf dem jeweiligen Gebiet geleistet und den Weg zu neuen, innovativen Ansätzen in ihrem Gebiet geebnet. Im biochemischen Subprojekt wurden Lösungen für die gemeinsame Kultur von Mikroorganismen mit verschiedenen Wachstumsanforderungen entwickelt. Im Subprojekt zur Analyse der katalytischen Aufbereitung wurde das Phänomen eines abrupten Wechsels der Selektivität entdeckt, das sich zur Steuerung des Anteils der produzierten Alpha-Olefine bzw. des Flugzeugtreibstoffs nutzen lässt. Im Subprojekt der Lebenszyklusanalyse wurden die Methodologie und die Datengrundlage zur Beurteilung und Optimierung von Bioraffinerien hinsichtlich wirtschaftlicher und ökologischer Kriterien verbessert. Diese können nun von anderen Forschenden genutzt werden.

    Bedeutung für die Praxis

    Die entwickelten biochemischen und katalytischen Prozesse zeigten neue vielversprechende Ansätze auf, wie Lignocellulose effizient und nachhaltig in Alpha-Olefine und Flugzeugtreibstoffe umgewandelt werden kann. Die untersuchten Technologien weisen allerdings noch eine geringe Produktreife (Technology Readiness Level) auf, und die begleitenden Industrievertreter empfahlen deshalb, zu einem Pilotmassstab überzugehen und die Technologie in einer Pilot-Bioraffinerie zu testen.

  • Originaltitel

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    Production of fuels and commodity chemicals through subsequent biochemical and catalytic conversion of lignocellulosic biomass

  • Verbundene Projekte

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    Zu diesem Verbund gehören folgende drei Forschungsprojekte

    Consolidated bioprocessing of lignocellulosic biomass for production of lactic acid and mixed carboxylic acids as fuel precursor External Link Icon

    • Dr. Michael Hans-Peter Studer, Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften, Berner Fachhochschule, Zollikofen

    Catalytic upgrading of biomass-derived carboxylic acids for fuel and chemical production External Link Icon

    • Prof. Jeremy Luterbacher, Laboratoire des procédés durables et catalytiques Institut des sciences et ingénierie chimique, EPF Lausanne

    Sustainability evaluation of biorefinery systems for fuel and commodity chemical generation from plant residues External Link Icon

    • Dr. Jan Hendrik Grenz, Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften, Berner Fachhochschule, Zollikofen; Prof. Stefanie Hellweg, Dr. Bernhard Streit